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Dynamiken in Organisationen

Aktualisiert: 11. Juli 2019




Die systemischen Dynamiken in Organisationen sind sehr vielschichtig. Es ist allerdings möglich, vier Grunddynamiken zu unterscheiden:


Dynamiken in Bezug auf die Zugehörigkeit und die Würdigung der Vergangenheit

Probleme entstehen oft durch eine Missachtung der Vergangenheit: Jedes Arbeitssystem hat seine eigene Vergangenheit, die gewürdigt werden muss:

  • z. B. müssen nicht mehr dort beschäftigte Mit­arbeiter beachtet werden,

  • Gründerpersönlichkeiten beispielsweise haben oft noch große Bedeutung, vor allem wenn es noch Mitarbeiter gibt, die mit ihnen gearbeitet haben,

  • zur Unrecht entlassene Mitarbeiter haben ebenfalls einen wichtigen Einfluss auf den Hinterbliebenen.

Ein Gesamtsystem kann durch besondere Ereignisse, die nicht gewürdigt wurden – wie z. B.

Massenentlassungen –, traumatisiert werden.


Zwei besondere Dynamiken dabei sind:

  • Identifikation: »Ich lebe dein Schicksal.« Mitarbeiter übernehmen in Stellvertretung Eigenschaften, Aspekte, Verhaltensweisen und Attribute von einer (früheren) meist ausgeklammerten Person der Organisation. Unzufriedene Mitarbeiter sind manchmal mit solchen Personen identifiziert, die im Streit gegangen sind und nicht besonders gewürdigt wurden. Solche Mitarbeiter wirken dann wie eine Gruppe, die sehr hohe Ansprüche stellt, und der niemand etwas recht machen kann.

  • Nachfolge: »Ich folge dir nach.« Mitarbeiter können die Tendenz entwickeln, gekündigten oder ehemaligen Mitarbeitern nachzufolgen und auch zu kündigen. Sie fühlen sich dabei meist schuldig für deren Verlassen der Organisation.

  • Nachahmung bzw. unbewusste Loyalitätsbindungen: Ein Nachfolger kann sich gegenüber seinen neuen Mitarbeitern nicht durchsetzen, weil er zu sehr an den Vorgaben seines Vorgängers anhaftet. Seine Mitarbeiter spüren dies und setzen ihn unter Druck. »Hypotheken« aus der Vergangenheit können sich auch aus der Produktgeschichte der Firma heraus ergeben. Wenn z. B. Firmen ihr Stammprodukt aufgeben, das sie groß gemacht hat, kann das zu Problemen führen. In Deutschland gibt es in vielen Firmen zudem auch Belastungen aus der Zeit des Nationalsozialismus, z. B. weil Firmen sich Unternehmen einverleibten, die Juden gehörten. Häufig ist es dann so, dass die Söhne oder Enkel der Profiteure Gefahr laufen, die Firma in den Bankrott zu treiben.


Dynamiken in Bezug auf die Rangordnungen

  • Die systemischen Rangordnungen in der Organisation müssen gewürdigt werden: Vorrang des Früheren vor dem Späteren, Vorrang des höheren Einsatzes für das Ganze, Leistungs- und Kompetenzvorrang. Ein anmaßendes Verhalten bedeutet in diesem Kontext, dass sich ein Mensch so benimmt, wie es ihm eigentlich aufgrund seiner Position nicht zusteht, z. B. kritisiert ein Mitarbeiter ständig und vor allen anderen seinen Vorgesetzten, oder ein Abteilungsleiter mischt sich ständig in andere Abteilungen ein.

  • Die nicht ein- und angenommene Grundposition: Um einen Konflikt zu entfachen, reicht es aus, dass ein Mitarbeiter oder ein Vorgesetzter seine Position innerhalb des Systems nicht einnimmt. Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Vorgesetzte seine Position überhaupt nicht übernehmen wollte. Dieser ist dann nicht in der Lage zu führen. Gleiches gilt auch für Mitarbeiter, die mit ihrer Position nicht zufrieden sind, weil sie sich für Anderes oder Höheres qualifiziert fühlen. Zwei besondere Dynamiken sind dabei:

  1. Parentifizierung: Mitarbeiter werden zu Vorgesetzten, weil diese ihre Rollen nicht einnehmen.

  2. Triangulierung: Ein Mitarbeiter wird instrumentalisiert, um Konflikte der Vorgesetzten auszutragen.


Dynamiken in Bezug auf den Ausgleich

  • Kein Ausgleich zwischen Mitarbeiter und Unternehmen: Die Mitarbeiter sind nicht mehr auf Kunden und Ziele ausgerichtet, sondern in Interna verstrickt (die Aufgabenorientierung ist verloren gegangen). Die Führungskräfte stellen ihre Macht nicht in den Dienst der Geführten, sondern in ihre eigenen Ambitionen und Pläne.

  • Unzureichender Ausgleich für den Einsatz der Mitarbeiter: Oft ist eine fehlende Motivation der Belegschaft durch ein fehlendes Geben vonseiten des Arbeitgebers begründbar bzw. durch eine fehlende Würdigung und Belohnung der Loyalität der Mitarbeiter durch die Führung.

  • Übernahme »Ich tue es für dich«: Ein Mitarbeiter übernimmt aus gutem Willen die Last seines Vorgesetzten (oder eines anderen Mitarbeiters), in der Hoffnung, geteiltes Leid, sei halbes Leid. Z. B. kann aber auch ein Geschäftsführer unbewusst glauben, dass er keinen Erfolg haben darf, solange die Schwesterfirmen rote Zahlen schreiben.

  • Vertreten: Wenn eine Gruppe der Organisation z. B. Aktionäre oder Vorstände hohe Gewinne auf Kosten von anderen Unternehmensangehörigen macht, werden diese Opfer manchmal unbewusst von einem der Gewinner vertreten. Dieser sorgt für einen Ausgleich, indem er sich selbst mit einem hohen Verlust bestraft. Manchmal sorgen solche Vertreter dafür, dass ein ganzer Unternehmenszweig scheitert.


Reinszenierte Konflikte aus der Herkunftsfamilie

Ungelöste Konflikte aus der Herkunftsfamilie werden in das System der Arbeitsbeziehungen

hineingetragen.

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