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(Geringes) Selbstwertgefühl

  • Autorenbild: Pierre & Alexandra Frot
    Pierre & Alexandra Frot
  • 8. Juli 2019
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 11. Juli 2019



Allgemein

Ein gesundes Selbstwertgefühl ist eine wichtige Voraussetzung für ein erfülltes und glückliches Leben. Studien zeigen, dass Menschen mit hohem Selbstwertgefühl kontaktfreudiger und glücklicher sind. Eine Person mit hohem Selbstwertgefühl strahlt Vertrauen und Hoffnung aus und wird sich und ihre Gefühle nicht irgendwelchen Regeln unterwerfen. Obwohl die Umstände durchaus kurzzeitig als belastend empfunden werden, können diese Menschen Gefühle der Niedergeschlagenheit als zeitlich begrenzte Krisensituationen annehmen. Vollkommen anders verhält es sich bei Menschen, deren Selbstwertgefühl und Selbstachtung nur gering sind. Sie haben vielmehr den Eindruck, dass man auf ihnen und ihren Gefühlen herumtrampelt. Sie fühlen sich betrogen und nicht geschätzt. Eine Person mit niedrigem Selbstwertgefühl sieht sich oft als Opfer und reagiert meist sehr negativ. Ein positives und vor allem stabiles Selbstwertgefühl kann allerdings nicht durch Äußerlichkeiten erlangt werden. Ein Selbstwertgefühl, das nur auf Leistung und Äußerlichkeiten beruht, ist ein Pseudo-Selbstwertgefühl, das sehr anfällig ist, weil man in der ständigen Angst lebt, dass einem die Basis davon – wie eben Anerkennung, Erfolg usw. – entzogen wird.


Selbstwertgefühle in Familienaufstellungen »nach Hellinger«

Aus Sicht Bert Hellingers entsteht ein fehlendes Selbstwertgefühl, weil die Liebe zwischen einem Elternteil und dem Kind nicht mehr fließen kann. Die Erfahrung zeigt, dass diese Unterbrechung des Liebesflusses oft Generationen zuvor schon stattgefunden hat. Häufig ist die Liebe schon zwischen der Großmutter und der Mutter nicht mehr geflossen.

Eine andere Ursache für ein geringes Selbstwertgefühl liegt darin, dass ein Konflikt zwischen den Eltern besteht und die Eltern sich nicht gegenseitig wertschätzen. Dem Kind wird die Möglichkeit genommen, beide Eltern zu lieben, ohne dabei einem Elternteil gegenüber illoyal zu sein. Es kann deshalb auch einen Teil von sich selbst nicht achten (siehe dazu »Eltern-Kind-Bindung«) und verhält sich dementsprechend. Das Kind kann sich nur dann selbst achten und lieben, wenn es beide Eltern achten und lieben kann.


Mögliches Aufstellungsbild

In der Aufstellung wird deutlich, dass ein Elternteil keine Liebe für das Kind empfindet,

oder dass mindestens ein Elternteil wütend auf den anderen ist, und das Kind traut sich nicht, zu beiden Elternteilen zu gehen.


Lösungsansatz

Bei einem unterbrochenen Liebesfluss wird oft die Ahnenreihe hinter dem Ratsuchenden aufgestellt. Der Aufstellungsleiter versucht, den Ursprung der Unterbrechung zu finden, um die Liebe wieder fließen zu lassen. Bei einem Konflikt zwischen den Eltern soll das

Kind von beiden Eltern die Erlaubnis bekommen, den jeweils anderen Elternteil lieben zu

dürfen. Wenn z. B. die Mutter wütend auf den Vater ist, traut sich das Kind erst dann, seinen

Vater anzunehmen und zu ihm zu gehen (systemisch gesehen), wenn die Mutter beginnt, den

Vater zu achten. Die Frau soll dem Mann als Vater des Kindes einen Platz in ihrem Herzen

einräumen.


Lösende Sätze

Bei einer Unterbrechung des Flusses der Liebe sagt …

  • der Elternteil zum Kind: »Jetzt sehe ich dich.« Bei einem Konflikt zwischen den Eltern sagt …

  • die Mutter zum Kind: »Ich stimme zu, dass du nicht nur von mir, sondern auch von Papa nimmst. Ich freue mich, wenn du zu Papa gehst.«

  • das Kind zur Mutter: »Bitte Mama, schaue freundlich auf mich, wenn ich den Papa liebe.«


Lösungsbild

Bei einer Unterbrechung des Flusses der Liebe: Der Elternteil nimmt das Kind innig in seine

Arme. Zur Lösung muss immer das Kind zum Elternteil gehen und nicht umgekehrt. Die Ahnenreihe, in der die Liebe wieder fließt, steht zur Steigerung des Selbstwertgefühls hinter dem Ratsuchenden. Bei einem Konflikt zwischen den Eltern kann das Kind nun zum verachteten Elternteil gehen.



Selbstwertgefühle in der Mehrgenerationalen

Psychotraumatologie

Aus Sicht der Mehrgenerationalen Psychotraumatologie prägt vor allem die Qualität der Bindung zur Mutter in den ersten Lebensmonaten und -jahren das Selbstvertrauen. In einer sicheren Bindung gewinnt das Kind langsam Gewissheit, dass seine Bedürfnisse passend und rasch befriedigt werden. Es lernt nach und nach, dass ein unangenehmer Zustand zeitlich begrenzt ist und es selbst etwas dafür tun kann – z. B. schreien, wenn es Hunger hat –, damit es ihm wieder gut geht. Erlebt ein Kind dies immer wieder, auch wenn es älter wird und sich seine Bedürfnisse verlagert haben, kann sich in ihm eine innere Vorstellung seiner Selbstwirksamkeit und seines Selbstwertes verfestigen:

  • Selbstwirksamkeit: »Ich weiß, dass ich mit meinem Handeln meine Wünsche und Ziele erreichen kann.«

  • Selbstwert: »Ich weiß, dass ich es wert bin, dass ich und andere sich um mich kümmern.«

Eine sichere Bindung zwischen Mutter und Kind ist leider nur der Idealfall. Äußere und innere Einflussfaktoren, die bei der Mutter Stress auslösen, können diese Feinfühligkeit verringern oder verhindern. Extremfälle stellen dabei depressive oder extrem labile Mütter dar oder aber Mütter, die von ihrer eigenen Mutter nicht gelernt haben, eine sichere Bindung aufzubauen. Das Kind ist sich nicht sicher, ob, wann und wie die Mutter auf sein Bindungsverhalten reagiert und wird an seiner Selbstwirksamkeit und seinem Selbstwert zweifeln. Ähnliche Prozesse kann man beobachten, wenn z. B. die Eltern später das Kind immer wieder als »Taugenichts« beschimpfen.

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